Das Motodrom

Donald auf seiner Indian im Original Motodrom
Geschichte
Das heutige Motodrom wird 1928 von Josef Ruprecht, einem Münchner Schausteller, der seinerzeit die größte Holzachterbahn Deutschlands führt, in der Nähe von Berlin in Auftrag gegeben. In den 1930er Jahren gastiert die Steilwand in allen großen deutschen Städten, wahrscheinlich unter dem Namen „Steile Wand“ oder „Todeswand“.
Der Transport in der damaligen Zeit ist äußert zeit- und arbeitsaufwendig, da alle Wagen mit Traktoren gezogen werden und eine Höchstgeschwindigkeit von 25km/h selten überschritten wurde. Um weite Strecken zu bewerkstelligen muß das komplette Geschäft auf die Bahn verladen werden. Nur so war es möglich, die Kunst der Steilwandfahrer selbst nach Stettin, Danzig, Breslau und bis hinunter nach Böhmen zu transportieren. Diese Art der Beförderung wurde bis ins Jahr 1984 beibehalten.
Im Frühjahr 1935 wechselt der Besitz von Ruprecht zu Willhelm Kling aus Mainz, dem es gelingt, die Steilwand weitestgehend unversehrt durch de Kriegsjahre zu retten. In den 1950er Jahren führt Werner Thies aus Frankfurt am Main das Unternehmen unter dem Namen „Die Auto-Steilwand“. Im Film „Die Todesarena“ von 1953 wird die Wand neben Richard Häussler, Katharina Mayberg und Friedl Hardt zum Filmstar.
Wann genau die Übergabe an Armin Schubert aus Stuttgart erfolgt ist nicht mehr nachvollziehbar. Sicher ist jedoch, dass Schubert 1959 im Besitz der Wand war, da in diesem Jahr Hugo Dabbert seine ersten Erfahrungen in „Armin’s Motoren Banner“ sammelt.
Dabbert arbeitet viele Jahre für Schubert bis er 1984 neuer Besitzer der Wand wird. Dabbert gibt ihr den Namen „Motodrom“, modernisiert die Wand mit einer neuen Parade, Lkws und Schnelläuferwagen und erschafft „Die Motorellos“ mit einzigartigem Programm.
Im Jahr 2012 übergibt Dabbert das „Motodrom“ an Thomas Ottl und Donald Ganslmeier, die es mit Zuversicht in die nächste Steilwandgeneration tragen. In Remineszenz an die lange Tradition der Steilwandfahrer und des Geschäftes fügen sie dem Namen den Zusatz „Original“ bei.
Technik
Die Steilwand ist ein sogenannter Fliegender Bau.
Bevor die 18 Wandelemente zum Stehen kommen, muss zunächst der Boden, die sogenannte Sohle gelegt werden. Diese besteht aus 18 massiven Holzbalken, die absolut im Wasser liegen müssen, da sonst der spätere Aufbau nicht vollzogen werden kann, da kein Bolzen oder keine Dachlatte mehr an ihren Platz passen würden.
Sind die Sohlbalken positioniert wird der Boden verlegt. Anschließend werden die 18 Wandsegmente auch heutzutage noch durch echte Manneskraft aufgestellt und formen somit den Kessel. Der Kessel ergibt die spätere Fahrbahn für die Artisten.
Schon jetzt werden drei Drahtseile in gleichem Abstand um den Kessel geschlungen, die dazu beitragen die Zentrifugalkräfte während der Show abzuleiten.
Weiter geht es mit dem Rundbau, der aus senkrecht stehenden Holzstützen besteht, die wiederum durch Balken mit dem Kessel verbunden sind. Auf diese Konstruktion wird das Podium aufgelegt, von welchem aus die Zuschauer in den Kessel blicken können.
Die Dachlatten halten und verbinden die 18 umliegenden Stützen mit dem Mast. Zu guter Letzt obenauf die Zeltplane, die nach aussen hin abgespannt wird.
Die Parade, also die Bühne vor dem Kessel, ist ein Konstrukt aus Stahlgattern, das mit Alublech beplankt ist. Dies Plattorm trägt die Lichtbögen und den Schriftzug „Motodrom“.
Der Durchmesser des Kessels mit Sohlbalken beträgt 16 Meter bei einer Paradenbreite von 16 Metern. Der Mast misst 12 Meter. Das Gewicht der kompletten Steilwand, welches zum Transport auf zwei Sattelzüge und einen 7,5-Tonner verteilt wird, beträgt etwa 25 Tonnen.
Die Motorräder
Generell kann in der Steilwand mit jedem Gefährt gefahren werden. Vom Fahrrad bis zur Vespa, vom Heinkel-Tourist-Roller bis hin zu einem dampfbetriebenen Motorrad. Ja, selbst mit einem Go-Kart und – wie bei uns zu sehen – mit einem original Formel V Fuchs Rennwagen aus den 60ern.
Die Frage, die immer wieder gestellt wird: Warum die Indian?
Im Deutschland der 20er Jahre gab es wohl kein stabileres zuverlässigeres Motorrad auf dem Markt. Der Grund, warum sie heute immer noch zum Trick-und Akrobatik-Fahren verwendet werden begründet sich auf dem tiefen Schwerpunkt, der sich unterhalb der Radnarben befindet. Dies und der kurze Radstand machen die Indian Scout 101 für den Artisten zu einem zwar schweren, aber sehr wendigen Arbeitsgerät. Selbst nach teils sehr materialbelastenden Stürzen zeigt in den meisten Fällen die handwerklich absolut ausgereifte Technik keinerlei grobe Blessuren. Die Zuverlässigkeit der Maschinen wird durch die tägliche Pflege und Liebe noch verstärkt.
Des Steilwandfahrers Freund fürs Leben!
Die Honda CB 200 ist ein leichtes wendiges mit japanischer Genauigkeit und Robustheit gebautes Motorrad, das sich für die Begrüßungsfahrt sowie das Überholungsrennen perfekt eignet. Die einzigen Änderungen, die an der Steilwand durchgeführt werden, ist das Entfernen der schweren verchromten Kotflügel und der hinteren Federbeine, welche durch Vierkantrohre ersetzt werden.
Dies nimmt den Federweg, der sich beim Schleifen fahren zu einem Aufschaukeln und einem Trudeln auswirken würde.
Unsere zwei BMW R51/2 kamen wohl durch Hugos Leidenschaft zu dieser Maschine an unsere Steilwand. Eigentlich sind sie um einiges zu schwer und das Schleifenfahren ist mit ihnen selbst für einen erfahrenen Artisten kein Kinderspiel.
Der Formel-V-Rennwagen ist ein Original mit einem Gitterrohrrahmen der Firma Fuchs und einem 1300er VW Motor. Der Rahmen musste um ca. 20cm gekürzt werden, da sonst die Länge des Fahrzeugs dazu führte, dass er vorne mit der Verkleidung sowie am Heck mit der Schaltstange aufgesessen wäre. Der Fachmann erkennt: das Getriebe ist hinten am Motor angeflanscht, wie es bei den Rennwagen damals üblich war. Zwei Trittflächen am Rahmen hinter dem Fahrer ermöglichen es zudem einem Artisten stehend auf dem Fahrzeug mitzufahren.
Die viel gestellte Frage, ob wir an den Vergasern etwas verändert haben können wir mit Nein beantworten. Der Treibstoff, welcher handelsübliches Benzin ist, wird durch die auftretenden Zentrifugalkräfte in die Schwimmerkammer gedrückt und vom Motor angesaugt. Bei einer Mindestgeschwindigkeit von 46 km/h betragen diese Kräfte 3.5 G, denen der Artist bei jeder Vorstellung ausgesetzt ist.